Meine Kritik an Duolingo … oder Review bzw was ich als Alternative vorschlage

Eine neue Sprache zu lernen, geschieht in diversen Phasen. Für unser Gehirn (ich sage einfach mal Gehirn, benutze also den allgemeinen neurologischen Wissensstand) ist eine Fremdsprache am Anfang wie ein Fremdkörper und wird auf natürliche Weise abgestoßen. Du kannst sagen, was du willst, aber das ist tatsächlich so. Man kann einige Wörter zwar schnell lernen, aber es gibt da einen Punkt, den man überbrücken muss. Das geschieht in der Impregnationsphase.

1. Impregnation

Die Impregnation, oder das Eintauchen, ist eine Phase von ca. 5 Monaten. Bei manchen Menschen, die besonders talentiert im Sprachenlernen sind, reduziert sich das nur auf wenige Wochen. Menschen, die aber kulturell bedingt an ihrer eigenen Sprache festhalten, kann die Impregnation ganze Jahre andauern. Das ist aber kein Mangel an Talent, sondern die Kultur hat einen Sicherheitsmechanismus aufgebaut. Diese Kulturen haben z. B. einen hohen Nationalstolz, und die Menschen leben in einer Kultur, wo Stolz und Ehre einen besonders hohen, wenn nicht absolut übertriebenen Wert zugewiesen bekommen.

Während dieser Zeit dringen in das Unterbewusstsein Teile der Struktur dieser Sprache ein. Ab einem gewissen Punkt wird dann die Fremdsprache nicht mehr als Fremdkörper vom Gehirn angesehen, und das Lernen der Sprache kann erst beginnen. Es sind also nicht die Anzahl gewisser Vokabeln, die uns die Sprache vermitteln, sondern die Struktur der Sprache selbst.

Nach der Impregnation sollte ein Programm zum Erlernen der Sprache das auch identifizieren können: Hat der Student jetzt die Impregnation hinter sich? Wenn ja, dann gehe über in die nächste Phase.

2. Assimilation

Die nächste Phase ist die Assimilation, wo man Satzstrukturen und auch die Vokabeln lernt. Da jetzt das Gehirn die Fremdsprache nicht mehr als Bedrohung ansieht, kann man das Lernen beschleunigen. Das passiert z. B. bei Duolingo nicht. Man bekommt immer wieder dieselben Wörter zu sehen.

  • Kaffee
  • Bär
  • Restaurant
  • Doktor
  • Rucksack

Das hängt mir so aus dem Hals. Wer hat sich das ausgedacht? Man möchte doch irgendwann auch sprechen lernen, eine Konversation führen können. Und dafür benötigt man die Sätze aus dem echten Leben und nicht: „Mein Bär hat keine Milch“.

Man könnte meinen, hier wird der große Durchschnitt von Lernbehinderten bedient. Übrigens ist Rosetta Stone auch nicht viel besser. Zwar wird es als revolutionäre Methode in der Sprachdidaktik verkauft, aber es ist nur eine Verkaufsstrategie. Es fehlt die moderne Möglichkeit, den Fortschritt eines Schülers zu analysieren und entsprechend dynamisch das Kurrikulum anzupassen. Ein Privatlehrer z. B. fordert seine Schüler so sehr, dass man in nur zwei Wochen mehr lernt, als mit einem Computerprogramm in 6 Monaten.

Tatsächlich bedienen Duolingo und Rosetta Stone nur die Impregnationsphase und verpassen die Gelegenheit, bei entsprechendem Fortschritt in die Assimilationsphase überzuwechseln. Einige Kritiker meinen, das liege daran, dass sie Geld verdienen wollen und deshalb die Schüler mit Dopamin-Ausschüttungstechniken bei sich behalten, damit diese fleißig weiter die Gebühren zahlen. Das habe ich besonders bei Duolingo beobachten können: Schöne Grafiken, tolle Animationen, super Sound – aber ich lerne nach 6 Monaten nicht wirklich viel.

Aber das WWW enthält viele Alternativen. Eine davon ist Anki, eine quelloffene digitale Lernkartei-Software, die das Prinzip des verteilten Wiederholens (Spaced Repetition) nutzt, um das Langzeitgedächtnis zu stärken. Allerdings kann Anki selbst nicht automatisch den Fortschritt identifizieren. Aber es kann den Fortschritt anzeigen – und das reicht aus, um den pragmatischen Weg zu gehen.

Wenn man selbst weiß, wie sich die Impregnationsphase anfühlt und wie es sich anfühlt, wenn man diese überbrückt hat, dann kann man selbst die Lernkarteien wechseln, um die Assimilationsphase zu bedienen. Zwar könnte man mit Python und Künstlicher Intelligenz das auch bewerkstelligen, aber wozu der riesige Aufwand? Anki ist bereits sehr gut in dem, was es tut.

3. Aktivierung

Die letzte Phase ist die Aktivierung, wenn man beginnt, das Gelernte auch anzuwenden. Das geschieht durch freies Sprechen, Schreiben oder nur Zuhören. Ab diesem Moment nutzt man die Software immer weniger.

Das Aktivieren entspricht einer neuen Dimension im Lernen. Hier wird die Hemmung abgebaut, die Angst aufgelöst, und das Gelernte wird immer mehr gefestigt. Dafür kann man keine Bücher- oder Softwaretipps geben. Einfach loslegen.

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